… und fair gehandelten Zutaten
Wir haben die Wahl
Reis, Öl, Gewürze, Nüsse, Zucker, Kakao, Kaffee, Tee, Bananen, Mangos – eine Vielzahl von Agrarprodukten, die für die Zubereitung der folgenden Speisen notwendig sind, kommen aus Afrika, Asien oder Lateinamerika. Die Weltmarktpreise für diese Waren sind wahlweise viel zu niedrig (z.B. Kakao) oder stark schwankend (z.B. Gewürze), aber in beiden Fällen für die Produzent:innen keinesfalls kostendeckend. Extreme Niedriglöhne, 60 Stunden-Wochen, ausbeuterische Kinderarbeit (vgl. Steckbrief „Kakao“), Verzicht auf Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen (vgl. Steckbrief „Öle und Nüsse“) sind nur einige der Konsequenzen mit denen sich diese konfrontiert sehen. Außerdem sind die kleinbäuerlichen Betriebe in diesen Ländern am härtesten vom weltweiten Klimawandel betroffen. „Nutzflächen der Größenordnung von 12 Millionen Hektar pro Jahr werden wegen Wüstenbildung und Dürre unbebaubar.“
Hier setzt der Faire Handel an und schafft entsprechend der Definition der internationalen Dachorganisationen des Fairen Handels aus dem Jahr 2001 Abhilfe!
Fotos: Ilkay Karakurt . TransFair e.V.
Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Sein Ziel sind gerechtere Handelsstrukturen, damit benachteiligte Kleinbauern und Arbeiter auf den Plantagen ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft nachhaltig sichern können.
Als Konsument:innen müssen wir beim Einkauf der Zutaten für unsere Mahlzeiten jeden Tag eine Vielzahl von Kaufentscheidungen treffen. Und dabei haben wir die Wahl! Entscheiden wir uns für Produkte des Fairen Handels, können wir das Leben der Kleinbauern und -bäuerinnen sowie der Arbeiter:innen auf den Plantagen in den Ländern des Globalen Südens nachhaltig verbessern!
Fairtrade bedeutet würdevolles Leben
Weltweit sorgen unzählige Menschen dafür, dass wir täglich ein vielfältiges Angebot an agrarischen Lebensmitteln in unseren Geschäften vorfinden – 70% davon stammen aus den ländlichen Gebieten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas, wo die Erträge bzw. die Entlohnung aus der Landwirtschaft die wichtigste Quelle des Haushaltseinkommens darstellen. Deshalb gilt es den Fairen Handel zu stärken.
Was bedeutet Fairer Handel nun ganz konkret für die Lebensumstände dieser Menschen?
Bis auf wenige Ausnahmen, wie beispielsweise Zucker, für den kein weltweit gültiger Mindestpreis festgelegt werden kann, wird für Waren aus Fairem Handel entweder ein kostendeckender Mindestpreis oder der aktuelle Weltmarktpreis gezahlt, sofern dieser höher liegen sollte. Zusätzlich erhalten die Produzenten eine sogenannte „Fairtrade-Prämie“ (s.u.). Arbeiter:innen auf Fairtrade-zertifizierten Plantagen verdienen als Minimum den tariflich festgesetzten Mindestlohn und sind häufiger fest angestellt mit einer entsprechenden sozialen Absicherung.
[Sie] verfügen [somit] über höhere und vor allem stabilere Einkommen. Dies führt zu einer erhöhten Spartätigkeit und ermöglicht Investitionen in Produktivität und Qualität, was sich wiederum positiv auf das Einkommen auswirkt.
Neben dem langfristigen Ziel einer existenzsichernden Entlohnung werden zudem die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen beendet, indem nationale und internationale Arbeitsschutznormen eingehalten werden: Ausbeuterische Kinderarbeit sowie Zwangsarbeit sind verboten, die Gleichberechtigung von Frauen wird ebenso gefördert wie die gewerkschaftliche Organisierung (vgl. Steckbrief „Zucker“). Nicht zuletzt dient beispielsweise die Bereitstellung von Schutzkleidung oder das Training im sicheren Umgang mit Chemikalien einem angemessenen Gesundheitsschutz.
Der Zusammenschluss der Kleinbauern und -bäuerinnen in demokratisch strukturierten Kooperativen – ebenfalls gefördert vom Fairen Handel – ermöglicht den Ankauf von Saatgut zu verbesserten Konditionen, die gemeinsame Anschaffung von teuren landwirtschaftlichen Geräten zur Steigerung ihrer Ernteerträge und stärkt ihre Marktmacht und damit ihre Verhandlungsposition mit den global agierenden Lebensmittelmultis.
Fairtrade ermöglicht Kleinbauernkooperativen einen Marktzugang in den globalen Norden mit möglichst direkten, partnerschaftlichen und langfristigen Handelsbeziehungen.
Immer häufiger findet man zudem fair gehandelte Lebensmittel, die unter Beachtung ökologischer Kriterien erzeugt wurden. Neben dem generellen Verbot des Einsatzes von Gentechnik und gefährlicher Pestizide soll eine „Bio-Prämie“ die Kombination von fairem und umweltverträglichen und damit nachhaltigem Anbau landwirtschaftlicher Produkte auch im Globalen Süden fördern (vgl. Steckbrief „Tee“).
Stärkung der Produzentenkooperativen – die Fairtrade-Prämie
Zusätzlich zu den Mindestpreisen für die Rohstoffe werden noch Fairtrade-Prämien zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Produzent:innen und ihrer Familien gezahlt. Im Jahr 2019 flossen 38 Millionen Euro an Fairtrade-Prämien alleine aus Deutschland nach Afrika, Lateinamerika und Asien. Investiert wird beispielsweise in die Verbesserung der allgemeinen Infrastruktur, in die Gesundheits- und Altersvorsorge, in die Ausbildung der Kinder (vgl. Steckbrief „Kakao) bzw. der Arbeiter:innen (Stichwort „Empowerment“), in die Steigerung der Produktivität der kleinbäuerlichen Betriebe bzw. in die Finanzierung der ökologischen Umgestaltung des landwirtschaftlichen Anbaus. Über die jeweilige konkrete Verwendung der Prämie entscheiden die Produzentenkooperativen gemeinsam, so dass darüber hinaus das demokratische Bewusstsein und Handeln gestärkt wird.
Wo fair draufsteht, ist auch fair drin!
Fair gehandelte Produkte wie Kaffee und Bananen sind „physisch rückverfolgbar“. Dies bedeutet, dass im gesamten Produktionsprozess, in der Verarbeitungs- und in der Handelskette keine Vermischung von fairen und konventionellen Rohstoffen erfolgen darf. Für diese Waren gilt: Wo „fair“ aufgedruckt ist, ist auch „100% fair drin“.
Bei Produkten wie Kakao, Tee, Zucker und Fruchtsaft darf aus guten Gründen in der Verarbeitungs- und Handelskette eine Vermischung von fairen und konventionell produzierten Rohstoffen erfolgen. Denn kleinere Produzenten-Organisationen können oftmals ihren fair produzierten Rohstoff nicht in der zur Weiterverarbeitung benötigten Menge liefern und ohne den sogenannten „Mengenausgleich“ würde ihnen der Ausschluss vom Markt drohen. Ein weiterer Grund:
Foto: Didier Gentilhomme . TransFair e.V.
Beispielsweise sind Fairtrade-Erzeugergruppen für Orangen meist auf große Saftkonzentrat-Hersteller angewiesen, da sie weder das Geld für die Maschinen noch das nötige Wissen für Technik und Qualität besitzen, um selbst Saft zu produzieren. Die großen Hersteller sind jedoch nicht bereit, die Orangen getrennt zu verarbeiten, da der Anteil der Früchte zu gering und die Kosten für eine getrennte Verarbeitung zu hoch wären.
Eine physische Rückverfolgbarkeit ist also nicht immer realisierbar, jedoch mit den Fair Trade-Standards vereinbar und wird auf dem Produkt mit dem Aufdruck „Mengenausgleich“ ausgewiesen. Die Kontrollorganisation FLO-CERT überprüft regelmäßig die Einhaltung der Vorgaben (vgl. Steckbrief „Tee“)!
Außerdem gibt es noch die sogenannten „Mischprodukte“, wie beispielsweise Gebäck oder Schokolade – auch diese können neben fairen Rohstoffen ebenfalls konventionell angebaute Rohstoffe enthalten. Dennoch dürfen sie mit dem Fairtrade – Label ausgezeichnet werden, da diejenigen Rohstoffe, die aus fairem Anbau verfügbar sind, zwingend verwendet werden müssen und deren Anteil mindestens 20% aller Zutaten des Endproduktes betragen muss.
Der Faire Handel in Deutschland
In den 70er Jahren nahm in Deutschland erstmalig die Idee eines Fairen Handels mit den sogenannten „Entwicklungsländern“ Gestalt an, unter anderem durch die Gründung der ersten Weltläden. In den folgenden Jahrzehnten entstanden Fair Handelsorganisationen wie die GEPA oder El Puente, die Anzahl der Weltläden wuchs auf aktuell über 800 an und auch die Produktvielfalt fair gehandelter Waren ist stark gewachsen und reicht inzwischen von Bananen, Kaffee (nach wie vor das umsatzstärkste faire Lebensmittel), Kakao über Blumen, Kosmetika bis hin zu Textilien. Allerdings liegt der Schwerpunkt immer noch bei fair gehandelten Lebensmitteln – mit einem Anteil von 75% am gesamten Fairen Handel.
Auch die „Entwicklungspolitischen Schwerpunkten des Landes NRW“ betonen die Stärkung des Fairen Handels, da „in einer stärkeren Integration dieser Länder in einen freien und fairen Welthandel“ ein „wesentlicher Erfolgsfaktor zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern liegt.“
Im Jahr 2019 wurden in Deutschland mit fair und nachhaltig produzierten und gehandelten Produkten ca. 2 Milliarden Euro umgesetzt, gleichbedeutend damit, dass jeder Verbraucher circa 20,50 Euro für solche Lebensmittel, Textilien und handwerklichen Produkte ausgab. Im darauffolgenden Jahr nahm der Umsatz bundesweit sogar um weitere 26 Prozent zu.
Das gestiegene Bewusstsein in der Bevölkerung hinsichtlich Fairen Handels wird auch durch diejenige Tatsache verdeutlicht, dass selbst Supermärkte und Discounter inzwischen solche Lebensmittel anbieten. Da sich diese Unternehmen allerdings bei den Arbeitsbedingungen ihrer eigenen Mitarbeiter oftmals nicht an die Vorgaben der ILO Kernarbeitsnormen halten (wie z.B. der Erlaubnis hinsichtlich der gewerkschaftlichen Organisierung ihrer Mitarbeiter), lautet die Empfehlung vom Eine Welt Forum Aachen, fair gehandelte Produkte bevorzugt bei Eine Welt Anbietern zu erwerben.
Der „Faire Stadtplan von Aachen“ ist ein Einkaufsratgeber des Bündnis FAIRhandeln in Aachen. Er bietet eine Übersicht über diejenigen Geschäfte, die in Aachen faire Produkte anbieten ebenso wie eine Übersicht über die Siegel und Labels, mit denen solche Produkte gekennzeichnet sind.
Außerdem gibt es auf der Homepage von Fairtrade Deutschland (fairtrade-deutschland.de) einen „Produktfinder“, welcher mit Hilfe einer Suchfunktion sofort anzeigt, ob ein Produkt im Fairen Handel mit dem fairtrade Siegel erhältlich ist.
Auf den folgenden “Rezept-Karten“ bietet das Eine Welt Forum Aachen e.V. eine Auswahl an erprobten Rezepten, die zeigen, dass die Zubereitung eines schmackhaften Essens auf Basis nachhaltiger und fairer Lebensmittel möglich ist. Zudem haben wir aus den zusammengetragenen Rezepten einige Menüvorschläge zusammengestellt.
Guten Appetit! Bon appétit! Eet smakelijk!
Zum Weiterlesen
Auf den im Folgenden aufgeführten Quellen basieren die Informationen:
- fairtrade-deutschland.de
- Definition des Fairen Handels | Weltladen-Wiki
- Fairer Handel: Einkauf mit gutem Gewissen | Verbraucherzentrale.de
- Alles fair? Was hinter Produkten aus fairem Handel wirklich steckt | Verbraucherschutz Bio
- Mengenausgleich – Wo „Fair“ draufsteht, ist nicht immer „Fair“ drin | Lebensmittelklarheit
- Fairer Handel: Einkauf mit gutem Gewissen | Verbraucherzentrale.de
- Microsoft Word – 03 Entwicklungspolitische Schwerpunkte des Landes Nordrhein-Westfalen 17.12.19.docx (mbei.nrw).pdf
- Fairer Handel | Handelsdaten.de | Statistik-Portal zum Handel
- Fair Trade – Der Faire Handel in Deutschland > WAS IST FAIRER HANDEL? > FAQ > 6. FAIRE PRODUKTE IM DISCOUNTER – EIN WIDERSPRUCH <
- Einkaufsratgeber-BFH-2019-WEB.pdf (fairhandeln.info)
- Zahlen zum fairen Handel – BZfE